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Der Fall Inge H. aus HH.: Maulkorb für kritische Jobcenter-Mitarbeiterin?

Noch sind es wenige, aber es werden immer mehr. Inge H. ist so eine Ausnahme, nicht erst seit gestern. Bereits seit April 2012 betreibt sie ihren Blog altonabloggt.wordpress.com im Internet, schreibt und veröffentlicht kritische Beiträge zu den Missständen im Hartz-System. Das macht sie ehrenamtlich, aus bürgerschaftlichem Engagement heraus, aus Sorge um den sozialen Frieden und um die demokratische Grundordnung. Dabei hat sie sich weit aus dem Fenster gelehnt, zu weit, wie ihr Arbeitgeber nun mutmaßt. Aber Inge H. hat es damit auch in die Schlagzeilen einer wachsenden Gegenöffentlichkeit gebracht. Und die lässt sich nicht lange lumpen, um demokratische Grundrechte wie die Meinungsfreiheit zu verteidigen.

Inge H. hat in diesen Tagen eine Einladung erhalten, zu einem „Personalgespräch/ Anhörung“, wie es dort im nüchternen Beamtendeutsch heißt. Die Post kam von ihrem Arbeitgeber, der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI). Da muss es Leute geben, die Inge H. wahrgenommen haben, ihren Internetauftritt und ihre schallende Kritik. Darüber scheint die Behörde (Klageführer wie auch die „Gesprächsteilnehmer“ gehen aus der freundlichen Einladung nicht hervor) not amused zu sein. Dort scheinen einige so wenig amüsiert zu sein, dass die verkniffenen Gesichter geradezu aus den Zeilen zu springen drohen.

Inge H. habe auf ihrem Blog darauf hingewiesen, dass das Hartz-System gegen die Menschenwürde verstoße und dass durch die Sanktionspraxis Menschen in den Tod getrieben würden. Darüber will die Behörde jetzt mit Inge H. reden. Und möchte dabei en passant wohl gerne erfahren, ob sie denn an diesen Inhalten festhalten oder nicht doch lieber davon abrücken wolle.

„Anhörungen“ kennen wir aus dem Beamtenrecht. Dort sind sie zwingend vorgesehen, als unabweislicher Ablaufschritt in Disziplinarverfahren. Dann, wenn der Delinquent sich strafbar gemacht oder gravierend gegen die Dienstvorschriften verstoßen hat. Derartige Anhörungen können aber auch der erste Schritt zu einer Entlassung aus dem Dienst sein.

Inge H. ist aber keine Beamtin, sie ist Angestellte im Öffentlichen Dienst, eine Frau mitten aus dem Leben. Sie ist Speditionskauffrau, Netzwerkadministratorin, Fachjournalistin, Ausbilderin und Dozentin und schließt gerade ihr Studium zur PR-Beraterin ab. Seit 2009 arbeitet sie für die BAFIN, als Dozentin und Beraterin in den zahlreichen ”Eingliederungsmaßnahmen“, mit denen Erwerbslose aus der Statistik geholt werden. Anders als ihre vermeintlichen Kläger genießt Inge H. nicht den exklusiven Schutz und auch nicht die Absicherung einer Beamtin. Und dennoch hat sie mehr Mumm als die meisten Akteure in diesem System, sie legt die Finger in dessen allzu offenen Wunden!

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